Bereits im Vorfeld des Aufenthalts nahm Rudolf Large dazu Kontakt mit dem Präsidenten der Unité Locale d'Aix-en-Provence et du Pays d'Aix, Jean-Claude Pierron, auf, welcher unverzüglich eine Verbindung zu den secouriste bénévole, den freiwilligen Rettern, herstellte. Ebenso prompt erfolgte die Einladung zu einem Dienstabend.
Im Vergleich zu Deutschland ist das Französische Rote Kreuz zentraler organisiert. Es gibt kein flächendeckendes Netzwerk von Ortsvereinen. In kleineren Städten konzentrieren sich Rotkreuzgruppen häufig auf soziale Tätigkeiten, wie zum Beispiel den Betrieb von Kleiderkammern oder Tafelläden. Ein Beispiel dafür bildet Weinheims Partnerstadt Cavaillon, welche nur etwa 50 km von Aix-en-Provence entfernt liegt. Eine unité locale ist eher mit einem DRK-Kreisverband vergleichbar. Auf der Ebene dieser lokalen Einheiten finden sich auch Gruppen von Freiwilligen (L'équipe de secouriste de la Croix Rouge Française), die im Sanitätswachdienst und im Katastrophenschutz aktiv sind.
Mit Spannung erwartete der Besucher aus Weinheim deshalb den Dienstabend beim Französischen Roten Kreuz. Nach fachlichen Unterweisungen der etwa 30 Teilnehmenden wurden Tische aufgeschlagen und die mitgebrachten Crêpes und Getränke miteinander geteilt. Auch der Präsident der unité locale nahm am Dienstabend teil. Der deutsche Gast wurde herzlich begrüßt und war sofort einbezogen. Besonders freute sich ein englischer Kamerad, der seit vielen Jahren in Frankreich lebt und früher als Soldat in Deutschland stationiert war, über den Besuch und die Gelegenheit, wieder einmal Deutsch zu sprechen. Als Gastgeschenke wurden eine DRK-Flagge überreicht und DRK-Anstecknadeln an alle Kameradinnen und Kameraden verteilt.
Im Laufe des Abends wurde deutlich, dass zwei Tage später ein umfangreicher Sanitätswachdienst beim Ironman 2016, einem Internationalen Triathlon-Wettbewerb, zu besetzen ist. Das Angebot, an diesem Sanitätswachdienst teilzunehmen, wurde zunächst mit Überraschung und wohl auch mit etwas Verunsicherung aufgenommen. Ein Blick in das mitgeführte Dienstbuch überzeugte jedoch, dass der "président" aus Weinheim über die erforderliche Fachausbildung und Erfahrung verfügt. Auch in Frankreich gibt es für solche Gelegenheiten ein Formular. Dieses trug die Überschrift "bénévolat occasionnel à la Croix-Rouge Française". Ergebnis war also die formale Mitgliedschaft im Französischen Roten Kreuz als Freiwilliger für einen Tag.
Ausgestattet mit französischer Dienstkleidung ging es für den neuen Freiwilligen am Sonntagmorgen um 4.30 Uhr los. Rund 50 Rotkreuzhelfer aus Aix-en-Provence und aus umliegenden Städten, zum Beispiel aus Marseille, kamen zusammen. Erste Station war die zentrale Einsatzbesprechung bei der Feuerwehr. Für die teilnehmenden Athleten standen bereits ab 7.30 Uhr 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21 km Laufen auf dem Programm.
Der deutsche Kamerad wurde zunächst in der Logistik und dann in der zentralen Sanitätsstation im Start-Ziel-Bereich der Laufstrecke eingesetzt. Da zahlreiche Athleten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich angereist waren, konnte zur Überraschung der Hilfesuchenden die Betreuung in der Muttersprache ermöglicht werden. Fachlich unterschied sich der Sanitätswachdienst kaum von einem vergleichbaren Einsatz in Deutschland. Insbesondere wurden mit nur wenigen Ausnahmen die gleichen medizinischen Geräte und Materialien eingesetzt und weitgehend identische Techniken angewandt. Besonderheiten bestanden dagegen vor allem im organisatorischen Bereich. Der Rettungsdienst wird in Frankreich durch die sapeurs-pompiers, also die Feuerwehr, gestellt. Diese verfügt zudem über Ärzte und Krankenpflegepersonal. Auch bei Sanitätswachdiensten wird die Notfallversorgung deshalb primär durch die Feuerwehr geleistet, welche dabei durch das Rote Kreuz unterstützt wird.
Im Anschluss an den Sanitätswachdienst bauten alle Helfer gemeinsam die Zelte ab und brachten das Material in das Depot zurück. Nach gut 14 Stunden Einsatz endete damit das Abenteuer als Freiwilliger beim Croix-Rouge Française. Geblieben sind Erinnerungen an eine herzliche Aufnahme und das gute Gefühl, Teil einer völkerverbindenden Gemeinschaft zu sein.